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Sonntag, 12. Juni 2011

delirant isti germani!!

Mit 1000 Euro Kautionsgeld in der Tasche fahre ich also nach Bochum. Ich möchte da so gern eine Wohnung haben! Ein Ort, der auf mich wartet, wo ich zu jeder Tages- und Nachtzeit hinkommen kann, ohne auf die Eincheck-Zeiten eines Hotels Rücksicht nehmen zu müssen. Im City-Nightline war an schlafen nicht zu denken. Ich fühle mich wie ein Bier - schön kühl, aber wenn man es schüttelt schäumt es vor Wut. Komplett bekleidet, mit Jacke und zwei City-Nightline-Gammeldecken schlottere ich mich durch die Nacht. In Mannheim gehe ich mich draussen aufwärmen und laufe an den Störungslämpchen vorbei: Heizungsstörung und Abluftstörung. Es funktioniert nur "Luftzufuhr", praktisch bedeutet das, man sitzt die ganze Nacht im Schlafsessel wie unter einem Kaltluftföhn. Der lapidare Kommentar des Zugpersonals: "Na immerhin funktioniert die Klimaanlage".
Unterkühlt und müde komme ich in Bochum an, aber mir geht's sonst gut. Es ist friedlich, durch die schlafende Stadt zu laufen. Schlafende Stadt? Warum eigentlich, es ist 7.30 Uhr an einem Werktag! Und ich muss noch 6,5 Stunden schlendern, wegen der Eincheck-Zeiten im Hotel.
Bis 10 Uhr schlendere ich durch die Stadt. Es ist wirklich seltsam friedlich wenn einen niemand kennt und niemand stört. Um 10 Uhr öffnet die erste Wohnungsagentur. Ich bin so nervös, stelle mir vor, wie ich aus lauter schönen Wohnungen wählen kann...
Pustekuchen, Bilder gibt es keine. Die Wohnungen werden nur von aussen gezeigt. Ich wundere mich schon darüber und frage danach, wie es denn innen aussieht. Ja, das kann sie mir nicht sagen, das kommt halt drauf an, was ich für einen Fussboden legen lasse. Ich schaue die fröhliche Quietschedame schief an und sage: "Wie, ich bringe da meinen eigenen Fussboden mit?". Sie lächelt und meint, wenn ich es so formuliere, klingt es schon lustig. Aha, trotzdem. In Deutschland bringt man seinen eigenen Fussboden in eine Wohnung mit! Und die Tapete. Wie, Tapete? Was ist denn jetzt an den Wänden? Das weiss sie natürlich auch nicht, einfach etwas, wo ich Tapete drüber machen kann. Tapete, Schnapete, ist die Wohnung ein Geschenk, das ich erst verpacken muss? Also konkret, ich kaufe erstmal mehrere Rollen Papier und klebe es an die Wände. Ich wollte eigentlich ne Mietwohnung, keine Baustelle übernehmen... Na ok. Weiter. Balkon, Keller, Bad, Küche. Küche? KÜCHE? Fehlanzeige. In Deutschland nimmt man bei Umzug seine eigene Spüle mit. Weil, was ist, wenn einem die bestehende Spüle nicht gefällt? Eine deutsche Mietwohnung versteht unter "Wohnküche" eine kahle Wand (natürlich ohne Tapete) mit einer Hand voll Löchern drin. Das sind die Anschlüsse für die Küche, die ich unterm Arm mitbringe. Schliesslich will man ja seine gewohnte Küche nicht aufgeben. Was allerdings passiert, wenn die gewohnte Küche gar nicht reinpasst, das wird unter den Teppich gekehrt, äh, gibt's ja nicht, also wird nicht besprochen. Ausserdem...Küche, Tapete und Fussboden muss man mitbringen, aber das Klo kann man ruhig von den Vormietern übernehmen. Wo ist denn da die hygienische Logik dabei?
Mir ist jedenfalls klar: Die Deutschen nehmen das wörtlich mit dem "Dach über dem Kopf". Oder was kommt als nächstes: eine freiwillige Dachpauschale? Nachdem mir auch die zweite Agentur eine steinzeitliche Höhle andrehen will, kann ich nicht mehr. Ich klappe auf der Strasse vor Lachen fast zusammen. Denn warum sind da zwei rote Männchen auf der Fussgängerampel? Kriegt da jeder Fussgänger seine eigene Ampel? Die spinnen, die Deutschen!

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