Dieses Blog durchsuchen

Freitag, 17. Dezember 2010

Lieber Weihnachtsmann...

Ich war ausgesprochen brav dieses Jahr. Honni soit qui mal y pense. Darum hier meine Wunschliste:

- einen DVD-Player für unterwegs, in Pink (*flüstert* den gäb's bei der Migros recht günstig)
- ein Netbook, in zartem Rosa
- eine echte Holzofenpizza
- einen Schamser Holzschlitten
- einen Gutschein fürs Alpamare, weil das sonst so unverschämt teuer ist
- einen Tag Snowboarden inkl. Ausrüstung mieten und Eintritt und Pommes im Restaurant
- einen Kinogutschein
- mobiles Internet für unterwegs, die deluxe-Version mit Flatrate

Ich käme auch und würde dir beim Einpacken helfen, ehrlich. Deine Lea.

.
.
.

Bonus-Track: die alternative Wunschliste

- einen Mann mit grossen Pranken, der für seine Massage-Abschlussprüfung unbedingt praktische Erfahrung sammeln muss
- ein paar Banknoten mit vielen Nullen, damit ich niemandem mehr Rechenschaft schuldig bin
- für meinen Nachbarn eine Winterallergie, die bei Schnee sein Gesicht anschwellen lässt und ihm die Schuppen auf die Schultern rieseln lässt. Es soll ihm nicht weh tun, er soll nur für eine Weile lepratös äh leprös aussehen.

Meine zwei grössten Wünsche sind aber:
- ein ordentlicher Lottogewinn, denn ich kenne eine Hand voll Leute, denen ich gern helfen würde. Dazu zähle ich mich aber auch.
- ein Ort, an dem ich ungestört bin, der Schutz und Ruhe bietet. Ein Zufluchtsort.

Wenn Sie eine Familie haben, schlagen Sie sich über Weihnachten nicht die Köpfe ein. Geniessen Sie die Vertrautheit und dass Sie nicht alleine sind. Wenn Sie es nicht mehr aushalten, weil alle Ihnen auf die Nerven gehen, gehen Sie in die Kirche. Dort müssen alle die Klappe halten. Ob es deswegen so viele Gottesdienste an Weihnachten gibt?
Besinnliche Weihnachten!

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Eveline - oder: Mein Richter und mein Henker

"Here comes a candle to guide you to bed,
here comes a chopper to chop off your head."

Letzte Woche. Trubel. Definitiv keine Heiterkeit. Medikamente. Sie haben es ja alles hier lesen können. Ein Computer, eine Bewerbung, ein Anruf. Eine nette Stimme! Freundliche Behandlung! Wie ich mich danach gesehnt habe...
Zack, Bewerbungsgespräch um 7 Uhr schon. Also aufstehen, wach werden, keine Zeit zum Nachdenken. Ein guter Job, muss man sagen. Bezahlung: 25.- pro Stunde, da glänzen einer ungelernten Aushilfe wie mir die Augen. Und eine Tätigkeit, die mich ganz neugierig macht. Eine Stunde Probearbeiten. Und man sieht, dass die Mitarbeiter gerne da sind, es liegt in der Luft. Trotzdem erste Zweifel: Eine neue Aufgabe... ich komme doch kaum klar. Ich druckse herum....habe schon mehrere Jobs...wenn Sie jemand anderen finden, nehmen Sie den...bin interessiert an begrenztem Arbeitsverhältnis, maximal bis März....ja ok, wenn es sein muss bis Ende März...
Augen zu und durch, denke ich. Es gibt ja auch Leute, die ich stolz machen möchte. Ich möchte mir selbst beweisen, dass ich trotz des vielen Studierens ein vernünftiger, praktisch-einsetzbarer Mensch geblieben bin. Einen Nobelpreis werde ich nie gewinnen, vielleicht auch nie etwas Schreiben, was die Massen begeistert. Aber ich möchte mich mit Leuten aus allen Bildungsschichten wohl fühlen können, praktische Intelligenz beweisen, indem ich mich an neue (Arbeits-) Situationen anpassen kann...pipapo et cetera bla bla bla.
Augen zu und durch, denke ich.
Ich bin unruhig, bedrückt, richtig stinkig eigentlich. Aber dafür könnte es zur Zeit viele Erklärungen geben. Montag früh, 5.15 Uhr, der Wecker klingelt. Ich mache Brote und eine Thermoskanne Tee, ziehe mich an und gehe los. Wo ist die Zeit hin? Also Kaffee unterwegs kaufen. Wieso bin ich so knapp dran? 6.28 Uhr, noch 30 Sekunden, der Zug ist bereits eingefahren. Zwischen uns ist die Unterführung. Also rennen, na hopp, Beine! Mein ganzer Körper brüllt innerlich auf. Ich bin doch extra früh losgegangen, damit ich noch Kaffee kaufen kann! Das ist ungerecht, ich bin nie unpünktlich! Zwei Instinkte: auf den Zug rennen oder zwei Schritte zum Kiosk, zum heissen Kaffee. Ich benötige Ewigkeiten, um den Fahrplan zu lesen, so dass ich ganz vergessen habe, welche Angabe ich lesen wollte. Der Zug steht ja da. Eigentlich ist alles sonnenklar. Mein Blick bleibt an der Anzeigetafel haften, aber die Schrift verschwimmt. Ich muss woanders hinblicken, sonst werde ich noch ohnmächtig. Ohnmächtig. Nein, verdammt, das werde ich jetzt nicht! Ein paar Schritte gehen. Und ich stehe im Kiosk! Wie ist das passiert? Ich lasse einen Kaffee heraus, mir ist schlecht, ich zittere. Habe ich jetzt schon eine Entscheidung getroffen? Das kann nicht wahr sein. Mit dem Becher in der Hand zurück zum Bildschirm. Wo wollte ich nochmal hin? Wann muss ich da sein? Es fährt aber kein Zug mehr bis zu dem Zeitpunkt, an dem ich bereits vor Ort sein muss. Das war die Entscheidung, oder? Ich habe eine Entscheidung getroffen und das ganz ohne mein Gehirn zu benutzen!!!! Ein verzweifelter Anruf an einen Freund, er ist aber schon bei der Arbeit. Ich gehe langsam wieder nach Hause, geschockt von mir selbst. Der Kopf hat keine Erklärungen und das Gewissen will keine hören. Gerade bin ich ungeschminkt - ich vermeide es, meinem Spiegelbild in die Augen zu sehen...

Samstag, 11. Dezember 2010

Memento

Im März 2003 wussten die Bewohner des Iraks, dass ein Angriff der USA bevorsteht. Natürlich ist es ungerecht, ein Land zu bedrohen und schlussendlich anzugreifen. Wäre die Sache nicht so ernst und tragisch, könnte man eine äusserst kindische Komponente sehen. Im Sandkasten würde man den grossen Bruder holen. Aber hier war es eigentlich noch blöder. Der grosse Bruder haut irgendwen mit der Begrüdung: "Neulich hat mich jemand vom Rad gestossen und jetzt habe ich gehört, dass du vielleicht eine Steinschleuder besitzt und weil alle meine Kumpels gesehen haben, dass ich vom Rad gestossen wurde, muss ich jetzt zeigen, wie stark ich bin."
Trotzdem: ich konnte damals nicht verstehen, was es da noch zu überlegen gab. Kinder einpacken und nichts wie weg, oder? Eine Krankenhauszone errichten, alle Alten und Kranken dort versammeln und an die internationale Gemeinschaft appellieren, so dass die USA es nicht wagen, diese Zone zu bombardieren. Vielleicht eine naive, undurchdachte Ansicht, aber historisch erprobt. Man denke an die Entstehung des Roten Kreuzes, an friedliche Aufstände, an die Römerzeit, als die Plebejer dreimal geschlossen die Stadt verliessen, auf dem nächsten Hügel kampierten und so unblutig ihre Rechte durchsetzten, ein einig und mächtig Volk.
Ich kann es heute immer noch nicht verstehen. Wird das Leben bedroht, zumal das der eigenen Kinder, sollte man auf Gerechtigkeit pfeifen und gehen.
Wird das Leben allerdings nicht bedroht, so gibt es Dinge, für die es sich zu kämpfen lohnt. Ohne Rache, Sturheit oder Prinzipienreiterei. Einfach weil man existiert und dieses Recht nicht verleugnen oder entschuldigen muss. Von mir aus bin ich für mein Umfeld jetzt der Esel, da der Klügere ja nachgibt. Aber je länger ich darüber nachdenke, desto sinnloser finde ich dieses Sprichtwort.
Angenommen Sie stehen auf der Strasse und werden mit einer Waffe bedroht. Sex oder ich knall dich ab. Und trotzdem schaffen Sie es, die Polizei zu alarmieren und warten in Tränen aufgelöst, verängstigt. Die Polizisten kommen, fragen, was los ist, schütteln den Kopf und sagen: "Was, darum haben Sie uns extra gerufen? Jetzt tun Sie nicht so, geben Sie ihm, was er will und ihre Probleme sind gelöst." Die Gaffer rundherum schütteln alle den Kopf. Der Klügere gibt nach, oder?

Dienstag, 7. Dezember 2010

Überforderung

Viel ist passiert, ich bin komplett überfordert. Wieso ist niemand da, der mir sagt, was welche Priorität hat?
Meine letzte Woche: Drohung und pure Aggression des Nachbarn. Kaum Schlaf. Mein Mitbewohner hat mit ihm zusammen versucht, mich auf die Strasse zu setzen. Ich wurde beschuldigt, Geld gestohlen zu haben und habe deswegen meinen Job (vorübergehend?) verloren. Soll ich den Nachbarn, ich nannte ihn bereits alles-easy-Typen, jetzt nenne ich ihn einfach mal Vollpfosten, wegen Verleumdung anzeigen? Ich habe ab morgen einen dritten Job, den ich gar nicht will. Aber ehrlich, ich bewerbe mich mit drei nichtssagenden Sätzen und plötzlich hat jeder noch einen 17-Franken-pro-Stunde-Job zu vergeben, den ich, RAV sei dank, auch annehmen muss. Oder müsste. Zur Not hilft mir meine pinkfarbenen Hornbrille, die ich extra fürs letzte Vorstellungsgespräch gekauft habe. Aber der potentielle Arbeitgeber von morgen scheint richtig nett zu sein, da kann ich das nicht abziehen. Aber absagen kann ich auch nicht, also verschwende ich seine Zeit, in der er mir den Betrieb zeigen will und fühle mich dabei schäbig. Alles verschwimmt vor meinen Augen. Ich bin unendlich müde, aber einschlafen kann ich natürlich nicht, wär ja zu schön. Da ist ein Verein, der mir verspricht, meine finanziellen Probleme mit einem Darlehen zu lösen. Super, alles gelöst, keine Jobs mehr, aber die Euphorie flüstert mir ins Ohr, dass sie sich noch ein wenig verspätet, da in meinem Kopf gerade kein Hotelbett mehr frei sei. Ich verkaufe gerade alle meine Möbel. Ich brauche Platz zum Leben, Schlaf und Ruhe. Aber versuchen Sie mal progressive Muskelentspannung zu machen, wenn dazu die Wand von der Musik des Mitbewohners dröhnt. Und beschweren kann ich mich ja nicht. Sonst fliegen wir alle vier raus. Sagte ich ja schon. Am liebsten würde ich die ganze Schachtel Xanax nehmen, aber da meldet sich eine weitere Stimme in meinem Kopf: "Hi, ich bin die Vernunft. Eilmitteilung, hohe Priorität (wie bei gmx). Mehr als eine halbe Tablette liegt nicht drin. Du checkst zwar gerade gar nichts, aber das ist wichtig." Aber der Stapel Formulare und Mails ist auch wichtig, RAV, Bewerbungen, Verein, Möbelverkauf...
Ich gebe Gormenghast noch eine Chance, von der Idee ein gutes Buch, macht aber keinen Spass zu lesen.... ich glaube, ich versuche es nochmals mit Schlafen. Nein, geht nicht. Es sind noch Bürozeiten. Wenn ich morgen nicht zum Vorstellungsgespräch gehen möchte - und einen so netten Mann kann ich nicht einfach verarschen - müsste ich mich da nochmals melden. Per Mail? Per Telefon? Was wäre die anständigste Variante? Als ob ich das jetzt wirklich rational abwägen könnte. Ich befrage den Entscheidungswürfel. Reicht es, eine Email zu schreiben? Würfel sagt "ja, unbedingt". Ok. Tee kochen, Mail schreiben, schlafen gehen. Gute Nacht!

Samstag, 27. November 2010

Krieg der WGs

Krisen kehren das Beste und das Schlechteste im Menschen heraus. Und es ist schade, dass ein eigentlich wirklich netter Mitbewohner zum wirklich hinterlistigen Mitläufer wird. Meine WG wird jetzt heimgesucht von angetrunkenen Aggressoren. Sie kommen abends, saufen sich an unserem Kühlschrank Mut an und grölen. Mitternächtliches Möbelrücken und Geschirrklappern. Mehr Grölen. Und man kann ja nichts dagegen machen. Also wäre es doch gut, jemand würde ausziehen, der Klügere gibt nach, oder?
Nein. Da bin ich anderer Ansicht und ich darf es sein, schliesslich bade ich ja auch die Konsequenzen aus. Es geht nicht an, dass ein Ort, zum Studieren gedacht, zum Schauplatz jugendlichen Bandendenkens wird. In meiner Vorstellung gibt es nach den Prüfungen laute Parties und dann war's das aber wieder für eine Weile. Gäste - jederzeit willkommen. Aber würden Sie in jemandes Wohnung lungern, einen auf Machtdemo machen und die Gastgeberin belästigen?
Die Frage "Sind es die Anderen oder bin ich es?" hätte mich früher geplagt. Aber inzwischen brauche ich keinen fremden Massstab mehr, um die Lage einzuschätzen.
Bitter ist der Verlust eines Freundes oder kleinen Bruders, aber dem hänge ich jetzt nicht nach. Es gilt, die kleinen Angriffe zu überstehen. Ob ich das Netzwerk gehackt habe? Öhm... danke erstmals, dass du mir solche Fähigkeiten zutraust. Ob ich aus purer Boshaftigkeit eine eigene Obstschale aufgestellt habe? Längst ist die Antwort irrelevant geworden. Schon wütet ein Geschirrsturm über die WG, die Gezeiten bäumen sich auf und schieben eine Woge von Möbeln über den Boden, Stille und Gelächter, Ebbe und Flut, drei Stunden lang. Das Auge des Tornados scheint vorbeigezogen. Es schläft. Nach durchzechter Nacht. Kein Zweifel, es wird sich von neuem sammeln. Solange stelle ich mich mal unter meinen Regenschirm. Ich bin gespannt, was als nächstes kommt.

Dienstag, 23. November 2010

Erstens kommt es anders...

Nur kurz. Aus meinen Plänen ist nichts geworden. Es ist dann schlagartig alles ernst geworden. Der Nachbar möchte partout mein Zimmer nehmen und mit meinem Mitbewohner eine WG gründen, ich soll auf die Strasse. Zu diesem Zweck stand er dann unangekündigt in meinem Zimmer, drohte mir, mich rausschmeissen zu lassen und meinen Minijob hier im Haus könne ich vergessen. "Jaja, ist klar" versuchte ich es. Nicht ernst nehmen ist doch eine gute Strategie, oder? Allerdings ist das auch eine unglaubliche Provokation für ein grosses Ego. Am nächsten Tag steht er wieder bei uns, sagt freundlich "Guten Abend" und wechselt mitten im Satz den Tonfall. Ich hätte ihm 50.- geklaut. Unangenehm, aber soll er mich doch anzeigen, dann weiss ich wenigstens, wann das gewesen sein soll. Am nächsten Tag kommt meine Chefin hier vorbei. Keine Angabe von Gründen, aber ich soll sofort Schlüssel und Kasse abgeben, das Vertrauen sei so sehr gestört, dass es jetzt eine Anhörung gibt. Die war gestern und soweit ok.

Unangenehmes Wochenende, aber jetzt werden sie mürbe. Sie möchten kein Gespräch mit allen 4 Beteiligten vor der Vermietung. Sie haben keine Lust. Es war lustig, so lange ich es ausbaden musste. Nach dem ganzen Ärger amüsiert mich das.

Mittwoch, 17. November 2010

So, mir reichts (1)

Ich habe also genug von meiner liebenswürdigen, ernsthaften, hilfsbereiten, verarschbaren WG-Rolle. Ich drehe den Spiess um, obwohl ich ganz schön nervös und unsicher bin. Egal, da muss ich durch. Die WG wird mein Übungsfeld, nicht mehr Schlachtfeld, Schauspieltraining nicht mehr Überlebenstraining. Dabei mag ich meinen Mitbewohner, sehr sogar. Der kleine Bruder, den ich nie zum Ärgern hatte. Aber o mein Gott, ich bekomme einen Erschlaganfall, wenn ich nochmal den Spurch "chill doch ein bisschen" höre.

Also, mein kleiner Schatz, jetzt kommt Schritt eins. Youtube. Kirchenmusik. Viel davon. André Rieu. Also richtiges Hardcore. Klavier, aber nicht die schönen Chopin-Sachen. Nein, Tschaikovsky, was schön klimpert. Dann die Moldau, aber nur die Kitschversionen. Und Militärmusik, schöne deutsche Märsche. Guggenmusik. Dudelsack, obwohl mir das ja gefällt.
Kein Hansi Hinterseher. Ja hallo, ich muss ja meine Glaubwürdigkeit noch bewahren und irgendwas schlecht finden.

Es geht hier weniger um pure Lautstärke, kein Machtkampf der Soundsysteme, sondern um Tugenden, die man mit Anfang zwanzig noch nicht ausgeprägt hat: Ausdauer, Geduld, Frustrationstoleranz. Das lern du jetzt mal schön.

Das wird auch hart für mich werden, nämlich Ernsthaftigkeit vorzutäuschen, um mein Gesicht zu wahren. Er soll ja nicht sofort durchschauen, dass ich mir ein Spiel auf seine Kosten mache. Und wenn sein "alles-easy"-Kollege da ist, muss ich stark sein, weil der keine Gelegenheit auslässt, mir einen Spruch reinzudrücken. Eigentlich ganz entspannend, laute Dudelsackmusik, stelle ich gerade fest.

Weitere Massnahmen sind in Planung. Ein Poster mit Meer und Nebel für unsere karge Wohnzimmerwand und einen Teppich für den Eingangsbereich. Was daran schlimm ist? Er hasst es, wenn ich dekoriere, aus Prinzip. Hat er meine Präsenz registriert, geht es weiter. Fertig Markengeilheit und Wörter wie "stylish" und "edel". Zur Verschönerung der schwarzen Designerküche habe ich eine Kollektion Winnie-the-Pooh Fenstersticker käuflich erworben. Und natürlich einen Katzenbabykalender.

Schaumamal was mir sonst noch einfällt...

Wünscht mir Glück!

Mittwoch, 10. November 2010

Es war einmal.... Migros (2)

Es war einmal eine Studentin. Sie hatte sich mit einem Migros-Kassierer angefreundet. Dieser Kassierer, ein moderner Froschkönig und herzlicher Mensch, dem man es nur von Herzen wünschen kann, dass ihn eine Prinzessin küsst, fragte die Studentin wieder einmal, wie es ihr gehe. Sie antwortete, dass es ihr gut gehe, aber dass sie wenig erfolgreich auf Stellensuche sei. Da entgegnete ihr der Froschkönig mit freundlichem Blick: "Warum kommst du nicht zu uns?". Die Studentin lächelte, antwortete unverbindlich und ging nach Hause, wo sie sich sehr schämte. Insgeheim hatte sie es als natürliche Hierarchie akzeptiert, dass er hinter die Kasse und sie vor die Kasse gehörte. Nach einigem Nachdenken und tüchtigem Schämen und nachdem alle potentiellen höheren Mächte in Form vieler Absagen der Studentin ein Zeichen gegeben hatten, bewarb sie sich bei Migros. Diese nahmen sie prompt, das Vorstellungsgespräch entpuppte sich als Einstellungsgespräch und wie es üblich ist, kam sie mit leeren Händen und ging mit einer Einkaufstüte - nur, dass dieses Mal Arbeitsuniformen darin waren.
Die Studentin ging erleichtert nach Hause. Sie hatte sich vom omnipräsenten, zähneblitzenden Lächeln der zahlreichen neuen Kollegen anstecken lassen.
So arbeitete die Studentin in der Migros und lächelte fleissig mit. Obwohl sie es sich nicht nehmen liess, die immer gleichen vermeintlichen Witze nur bei Senioren als lustig zu werten und die Kommunikation mit der einen oder anderen bescheuerten beim-Einkaufen-hab-ich-das-Sagen-Hausfrau nicht unnötig auszudehnen, schenkte sie doch jedem ihr strahlendstes Lächeln.
Und wenn sie nicht gestorben ist, dann lächelt sie...

Nein, nicht ganz.

Die Studentin dachte oft an den Froschkönig. Wie schaffte er das, dass die Kundschaft nicht auf ihn drauf stand und ihn zerquetschte? Leider machen ein freundliches Lächeln und adäquate Beherrschung der Landessprache auch angreifbar. Die Studentin setzte sich massiv zur Wehr und beschimpfte die Leute aufs Übelste, indem Sie beispielsweise sagte: "Leider darf ich Ihnen nicht zehn Plastiktüten umsonst geben. Das ist nicht meine Schuld, bitte seien Sie freundlich, ich bin es doch auch." Zudem hatte die Studentin einmal einen schrecklichen Ausraster. Die Kundschaft beschimpfte sie als dumm, langsam, schwer von Begriff, unfreundlich und rotzfrech (ein sicher lukratives Kunststück und eine schauspielerische Meisterleistung, dies alles gleichzeitig in die Worte "Grüezi, haben Sie die Cumuluskarte?" hineinlegen zu können), während die direkte Vorgesetzte dabei stand und nichts dagegen sagte. Die Studentin seufzte tief und sagte leise: "Nix deutsch verstehen". Aufgrund solch schlimmen Fehlverhaltens und einer Neigung zu gelegentlichen Ausrastern, von denen sie selbst nichts mitbekam, wurde sie von der Kasse abbeordert und ins Büro zitiert. Sie sollte ein Blatt unterschreiben, indem sie ihr unfreundliches Verhalten zur Kenntnis nimmt und Besserung gelobt...äh...unterschreibt. Die Studentin lehnte mit gesenktem Kopf ab.

Heute, Wochen später, besuchte die Studentin den Froschkönig an seinem Arbeitsplatz. Er war erfreut und herzlich, aber ein wenig enttäuscht, dass sie nicht in seiner Filiale gearbeitet hatte. Die Studentin erzählte von ihrer Arbeit, von Agression und Tätlichkeit, Beschimpfen und Bespucken. Der Froschkönig hörte ihr zu, senkte seine Stimme und antwortete: "Das Gleiche hier".
Sie nahm seine Hand und verabschiedete sich. Sie wünschte, sie könnte eine Prinzessin für ihn herbeizaubern...

Donnerstag, 28. Oktober 2010

So... ich arbeite jetzt also bei Migros...

Mitten im Sommer. Der letzte Arbeitsvertrag ging mit dem Schuljahr zu Ende und ich überlege mir wieder einmal...was mach ich denn jetzt? Und die Antwort ist klar: Es ist eigentlich fast egal, hauptsache die Leute sind nett. Eine Bewerbung um die andere geht raus, auch zwei Vorstellungsgespräche sind drin, aber schlussendlich entscheidet sich doch alles auf den letzten Drücker. Migros sucht Kassierinnen...und sie wollen mich!
Voller Freude trete ich meine Stelle an... Die Kollegen sind nett, die Atmosphäre ist freundlich, man kümmert sich um uns Neuen... Und da passiert es...nach ein paar Wochen im neuen Job...der erste unzufriedene Kunde. Also eigentlich eine Kundin, mittleres Alter. Eine Stammkundin, wie sie sogleich losposaunt. Ich habe die Artikelnummer eines Besteckstücks nicht und muss sie am Telefon erfragen. Aber das geht ja gar nicht. Seit Jahren kommt sie hierher und sowas hat sie noch nicht erlebt. Sie ist ja schliesslich eine Stammkundin und sowas lässt sie sich nicht bieten. Sie weigert sich zu bezahlen und besteht darauf, dass ich den Chef hole. Das ist eigentlich eine Chefin, aber das tut ja nichts zur Sache, sie möchte verteidigt werden, am liebesten von einem Mann. So geht das ja nicht hier. Ich meine, dass ich die Nummer nicht hervorzaubern kann, ich kann ihr höchstens anbieten, dass sie den Einkauf schon einmal bezahlt und ihr nacher einen anderen Löffel mit Artikellnummer organisiere. Aber, o Gott, die Kassiererin spricht...und sie entschuldigt sich nicht! Sowas hat sie wohl auch noch nicht erlebt. Sie möchte immer noch nicht bezahlen. Was wir hier eigentlich für einen Schrott verkaufen und ob wir unsere Arbeit nicht richtig machen können. Ich höre mir das an und meine, es sei ja keine Absicht und für uns auch nicht gut und Fehler können halt passieren, darum will ich mich ja darum kümmern, wenn sie nur bezahlen möchte, damit ich die Kasse verlassen kann. Und die Kundin? Sie sieht rot... Inzwischen hat die Kundin durch ihre Lautstärke die Aufmerksamkeit meiner Kolleginnen erregt, die auch ganz unverholen weitersagen "Kasse 3 hat ein Problem mit einer Kundin". Sensationsgier und Sendungsbewusstsein schwappen über...die Kollegin vom Kundendienst kommt aufgeplustert anmarschiert, um ein Machtwort zu sprechen. Ich schaue mir den Vorgang an, frage mich, was sie wohl Schlichtendes sagen wird und höre ein...."Ich entschuldige mich für die Kassiererin. Sie ist neu." Die Kundin fällt ihr ins Wort "Ja sie kann doch trotzdem freundlich sein, sowas habe ich noch nicht erlebt". Die Kollegin: "Frau Lindner, nicht mit dem Kunden diskutieren, telefonieren sie jetzt Haushaltsabteilung, fragen sie Nummer dort". Innerliches Augendrehen meinerseits, aber sie ist noch nicht fertig. "Müssen Sie immer anrufen, sie haben in der Schublade Telefonliste, machen Sie 533 und fragen Sie". Inzwischen mischt sich eine zweite, übereifrige Kundin in die Diskussion ein: "Ah, die ist neu, die kann noch nichts, sehen Sie, die wird grad angelernt. Sie ist ein bisschen schwer von Begriff." Mir reichts... mir kommen Tränen, aber DEN Triumpf gönne ich diesen Kampf-Hausfrauen nicht. Ich sage zur Kollegin, ich müsse schnell den Platz verlassen. Sie drückt mich auf meinen Stuhl zurück, baut sich vor mir auf, so dass ich nicht mehr rauskomme und meint: "Sie dürfen die Kasse nicht verlassen. Sie können jetzt nicht weg." Ich stehe trotzdem auf, trotz ihres physischen Widerstands. Der zweite Chef ist schon unterwegs. Unter Tränen sage ich ihm auf dem Weg "Ich warte im Büro auf Sie".
Fazit? Kundenreklamation für freches Verhalten, Ruf ruiniert, ich bin jetzt die Heulsuse vom Dienst....