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Mittwoch, 15. Dezember 2010

Eveline - oder: Mein Richter und mein Henker

"Here comes a candle to guide you to bed,
here comes a chopper to chop off your head."

Letzte Woche. Trubel. Definitiv keine Heiterkeit. Medikamente. Sie haben es ja alles hier lesen können. Ein Computer, eine Bewerbung, ein Anruf. Eine nette Stimme! Freundliche Behandlung! Wie ich mich danach gesehnt habe...
Zack, Bewerbungsgespräch um 7 Uhr schon. Also aufstehen, wach werden, keine Zeit zum Nachdenken. Ein guter Job, muss man sagen. Bezahlung: 25.- pro Stunde, da glänzen einer ungelernten Aushilfe wie mir die Augen. Und eine Tätigkeit, die mich ganz neugierig macht. Eine Stunde Probearbeiten. Und man sieht, dass die Mitarbeiter gerne da sind, es liegt in der Luft. Trotzdem erste Zweifel: Eine neue Aufgabe... ich komme doch kaum klar. Ich druckse herum....habe schon mehrere Jobs...wenn Sie jemand anderen finden, nehmen Sie den...bin interessiert an begrenztem Arbeitsverhältnis, maximal bis März....ja ok, wenn es sein muss bis Ende März...
Augen zu und durch, denke ich. Es gibt ja auch Leute, die ich stolz machen möchte. Ich möchte mir selbst beweisen, dass ich trotz des vielen Studierens ein vernünftiger, praktisch-einsetzbarer Mensch geblieben bin. Einen Nobelpreis werde ich nie gewinnen, vielleicht auch nie etwas Schreiben, was die Massen begeistert. Aber ich möchte mich mit Leuten aus allen Bildungsschichten wohl fühlen können, praktische Intelligenz beweisen, indem ich mich an neue (Arbeits-) Situationen anpassen kann...pipapo et cetera bla bla bla.
Augen zu und durch, denke ich.
Ich bin unruhig, bedrückt, richtig stinkig eigentlich. Aber dafür könnte es zur Zeit viele Erklärungen geben. Montag früh, 5.15 Uhr, der Wecker klingelt. Ich mache Brote und eine Thermoskanne Tee, ziehe mich an und gehe los. Wo ist die Zeit hin? Also Kaffee unterwegs kaufen. Wieso bin ich so knapp dran? 6.28 Uhr, noch 30 Sekunden, der Zug ist bereits eingefahren. Zwischen uns ist die Unterführung. Also rennen, na hopp, Beine! Mein ganzer Körper brüllt innerlich auf. Ich bin doch extra früh losgegangen, damit ich noch Kaffee kaufen kann! Das ist ungerecht, ich bin nie unpünktlich! Zwei Instinkte: auf den Zug rennen oder zwei Schritte zum Kiosk, zum heissen Kaffee. Ich benötige Ewigkeiten, um den Fahrplan zu lesen, so dass ich ganz vergessen habe, welche Angabe ich lesen wollte. Der Zug steht ja da. Eigentlich ist alles sonnenklar. Mein Blick bleibt an der Anzeigetafel haften, aber die Schrift verschwimmt. Ich muss woanders hinblicken, sonst werde ich noch ohnmächtig. Ohnmächtig. Nein, verdammt, das werde ich jetzt nicht! Ein paar Schritte gehen. Und ich stehe im Kiosk! Wie ist das passiert? Ich lasse einen Kaffee heraus, mir ist schlecht, ich zittere. Habe ich jetzt schon eine Entscheidung getroffen? Das kann nicht wahr sein. Mit dem Becher in der Hand zurück zum Bildschirm. Wo wollte ich nochmal hin? Wann muss ich da sein? Es fährt aber kein Zug mehr bis zu dem Zeitpunkt, an dem ich bereits vor Ort sein muss. Das war die Entscheidung, oder? Ich habe eine Entscheidung getroffen und das ganz ohne mein Gehirn zu benutzen!!!! Ein verzweifelter Anruf an einen Freund, er ist aber schon bei der Arbeit. Ich gehe langsam wieder nach Hause, geschockt von mir selbst. Der Kopf hat keine Erklärungen und das Gewissen will keine hören. Gerade bin ich ungeschminkt - ich vermeide es, meinem Spiegelbild in die Augen zu sehen...

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