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Samstag, 20. April 2013

Hölle und...

Die ganze Woche läuft doof. Mein Vortrag lief nicht. 40 Stunden Arbeit, um wieder wie ein Doofi dazustehen, das nichts gemacht hat.

Abends erzähle ich ihm stolz, dass mein Vortrag endlich vorbei sei. Er antwortet anständig und nett.

Am Donnerstag begrüsst SIE mich. Wo ER sei. KA. Es sei doch Warggehege mit uns dreien geplant gewesen. Ich wisse von nichts.
Ob ER nichts gesagt hätte? Ich kann nicht mehr. Ich bin ein Dampfkessel, der langsam zu pfeifen beginnt. Ob ihr denn nichts auffalle an mir?
Nein. Keine Sippe. Totaler Schock. Wir sprechen, viel. ER kommt nicht online an diesem Abend.
Die erste Hälfte des Abends schaffe ich es noch, das Thema "ich bin ja so verknallt in ihn" nicht zu erwähnen. Ich will kein Mitleid, darum bin ich aus der Sippe. Er findet mich ja so grottig. Richtig, das ist auch tatsächlich die Hälfte der Begründung. Ich bin nicht so schlecht, mit Randoms läuft es jeweils gut. Aber da er mich nur noch aus Anstand, weil ich Sippie bin, fragt, ob ich mitwill und das auch noch so sagt, spiele ich lieber solo, ob grottig oder nicht sei dahingestellt.

Aber SIE sagt einfach die richtigen Dinge. Und da ist er, ein Satz von ihr, aus dem nichts, und ich breche tatsächlich in Tränen aus. Der Druck muss einfach raus. Ich erzähle es ihr. Sie ist super. Ob sie im Weg stehen würde. Sie würde sich zurückziehen. Ob ich sie nicht hassen würde. Natürlich nicht - wieso sollte ich sie nicht mögen? Sie hat wohl mehr Erfahrung oder schafft es sonstwie, einen Schutzschild um sich aufzubauen. Sie nimmt ihn nicht so ernst, wenn er mit ihr flirtet.

Als ich ihr so langsam und stetig erzähle, meint sie, wir wären "schon weit" gewesen. Er kennt sie seit zwei Jahren und nichts von so ernsten Themen, wie "Ziehst du zu mir nach Göttingen?" sei angeschnitten worden. Sie scheint mich vollkommen zu verstehen. Und das erste Mal seit er gesagt hat, er will "übrigens schon lang" kein Treffen mehr mit mir, geht es mir ein ganz klein wenig besser. Sie kennt ihn und war meistens dabei. Wäre ich mal früher auf die Idee gekommen, ihr zu erzählen. Aber nein, ich wollte nicht Tratschtante sein und gleich rumerzählen und so weiter. Nun war ich doch Tratschtante. Aber ich verteidige ihn gegenüber allen, denn ich denke, er ist "eigentlich" einer von den Guten. Einer, wo es sich lohnt, dranzubleiben. Ach, es wäre so viel leichter, wenn er ein Arschloch wäre.

Sie fährt eine Woche weg. Ich versuche IHN zu erreichen, weil ich merke, dass ich unbedingt eine Aussprache brauche. Keine Anschuldigungen oder Entschuldigungen, aber ich habe so viel gelitten, ich will, dass er das begreift. Ich will schlafen gehen und wissen, dass er weiss, wie ich mich gefühlt habe.

Sonntag, 14. April 2013

Gut gegen Nordwind

Ob er da ist. So halb. Äh, ich hätte nachgedacht. Äh ok. Und ... äh ... ich möchte aus der Sippe raus. Äh ok. Und es tut mir sehr leid und sehr weh. Äh, niemand soll zu etwas gezwungen werden. Ja. Danke für alles, was ich lernen durfte und so. Sehr gern. *Heult* Mach's gut. Bis bald mal. Jawohl. Ihr verlasst eure Sippe.

Das Problem ist einfach. Irgendwo auf dem Weg habe ich ihn sehr gern bekommen.

Tertium comparationis

Es läuft ganz nett. Einen Abend war ich nicht online, weil ich den Spruch, dass gegen Trödelei auch keine gute Ausrüstung hilft, erst verdauen musste. Mir ging's gut. Ich war im Wald laufen und habe anschliessend ein Bad genommen. Er versucht taktvoll zu sein, aber man merkt ihm deutlich an, wenn etwas Ungesagtes im Raum steht. Ich bitte ihn, nicht taktvoll, sondern ehrlich zu sein. Ok. Ich würde mir ja Mühe geben, es gut zu machen. Leider würde es bei mir immer beim Versuch bleiben. Ich bin natürlich gekränkt und genervt und meine nur, dann sei ich wohl zu doof für das Spiel. Er meint, nein, das sei es nicht. Eventuell sei ich halt nicht fingerfertig genug. Ich fühle mich als hätte ich eine Behinderung und man muss deswegen nun Mitleid mit mir haben. Nicht schön.

Am Freitag sprechen wir lange, auch über RL. Es ist total nett, unsere Sippe darf ruhig auch ein wenig Geplauder sein, finde ich. Auch das gemeinsame Spielen ist schön. Ich mag es, die ausschliessliche Aufmerksamkeit zu haben. Das hat nichts mit Verliebtheit zu tun. Ich bin Einzelkind und mag halt ein solches Privileg. Wenn ich Lust habe, kann ich im Sippenchat schreiben, was ich wirklich denke.

Und so läuft es an einem Tag harmonisch und am nächsten ebenfalls, bis zum Abend. Dann ist die andere Spielerin nämlich wieder da. Wir plaudern im TS - ich mag sie, weil sie herzlich ist. Die Gruppe wiped und es ist meine Schuld, weil wir geredet haben. Nicht unsere, es ist meine Schuld. Je nachdem wie es gerade passt, ist mein Reden erwünscht oder es wird "Gelaber" genannt. Aber nur das, was von mir kommt. Und so geht es weiter. Er muss kurz weg. Ob er wieder kommt? Er weiss es nicht. Sie lässt beiläufig fallen, dass sie noch spielen will. Natürlich kommt er wieder. Er beeilt sich sogar. Nach einem Run meldet er sich prophylaktisch (?) schon mal ab. Ich interpretiere vielleicht zu viel, aber es wirkt als wolle er keine Sekunde länger als nötig mit mir allein im TS sein. Auch wenn die Tage davor alles lustig war. Sie sagt, sie findet es schade, dass er geht, denn sie wollte noch spielen. Aber selbstverständlich bleibt er noch. Sie ist übrigens gerade krank. Erkältet. Er ist total "Arme Rita, du klingst aber gar nicht gut" und "Was hast du denn?" und "Ab ins Bett mit dir" und "Rita gib Bescheid, wenn es nicht mehr geht". Ich war letzte Woche krank. Er war total "Geh trotzdem laufen" und "Meld dich nicht krank auf Arbeit" und "Beiss auf die Zähne" und "Ich will gar nicht wissen, was du hast".

Warum macht er das? Es ist als ob ich vertrieben werden soll. Ich hab schon kapiert, dass er nichts von mir will, und ich habe meinen Stolz und bettle ja nicht oder nage oder erwähne das Thema auch nur. Ich wollte mich dem stellen und meinen Selbstrespekt zurückbekommen. Aber nun kapiere ich nicht, warum er mich herabsetzen muss, sobald sie da ist. Warum kann er nicht ein wenig diplomatisch und distanziert höflich zu mir sein?

Ich beisse auf die Zähne. Aber eigentlich will ich ihn schütteln und wachrütteln. Er kapiert grundlegende Dinge über sie nicht. Ich wünschte, er würde begreifen. Allerdings werde ich ihm die Augen nicht öffnen. Und das lässt mich nicht zur Ruhe kommen. So viel hängt ungesagt in der Luft. Das halte ich schlecht aus.

Irgendwie denke ich, ich muss aus dieser Sippe raus. Weggehen, auch wenn es wie Flucht und beleidigt sein wirkt.

Dienstag, 9. April 2013

Amor est mihi causa sequendi...

Ich merke, dass ich mich verliere. Wenn es auch sehr anstrengend ist, so ist es vor allem schön. Die Distanz könnte man überwinden. Ziemlich schnell spricht er ziemlich konkret. Er will nur die beste Frau. Nor would he love at lower rate. Like.

Er lässt sich nicht necken und nimmt alles Negative für bare Münze. Schade. Immer wieder berichtige ich Dinge und achte darauf, dass er keinen falschen Eindruck von mir bekommt. Mit ziemlicher Regelmässigkeit halte ich ihn jeden zweiten Tag für einen oberflächlichen, nervigen Typen. Und dann bezaubert mich seine unagressive, geradlinige Art wieder. Und die Stimme. Immer mehr will ich ihn haben. Verschiedenartigkeit ist gut, denn ich will lernen. Zieh mich, ich werde gleich aufholen.
Ich habe Komplexe bezüglich des Aussehens, aber ich bin auch mutig und definitiv keine Zumutung für irgendjemanden. Willst du mich treffen? Wir verabreden uns auf Wolke sieben.
Seine Tochter wird krank und das Treffen fällt aus. Immer öfter muss ich Dinge klarstellen und bekomme dafür immer weniger Raum. Flieht er wirklich gerade vor mir?
Ich halte das aus, bin ja kein Teenie mehr, versuche cool zu bleiben. Bin unkonzentriert im Spiel, bekomme immer öfter Kritik. Gegen Trödelei hilft auch keine gute Ausrüstung. Autsch, das hat gesessen. Kann ja schlecht sagen, dass ich mein Bestes gebe, sonst hält er mich für dumm.

Es taucht eine andere Spielerin auf. Eine Sie und er kennt sie seit zwei Jahren. Sie ist nett, finde ich auch. Plötzlich merke ich, dass er mit ihr flirtet. Die Vernunft sagt mir, dass ich wahrscheinlich gerade sensibel bin, weil ich ihn so gern haben möchte. Ich bleibe nett und freundlich und meine es auch so. Sie wohnt natürlich in Deutschland, 1000km im Norden, aber sie haben sich noch nicht besucht. Warum nicht? Beide sagen mir einzeln, dass es sich halt nicht ergeben hätte. Er sagt "noch" nicht ergeben.

Ich frage ihn nach einem neuen Termin für das Treffen, weil mein Herz so fest schlägt. Es gibt keinen neuen Termin, sagt er beiläufig. Er hätte mir das zu verstehen gegeben. Wann das denn? Er will sie irgendwann besuchen fahren, weil sie ein so lieber Mensch ist und entspannter als ich. Ich würde Druck machen. Wie das denn? Schliesslich kann er meine Gedanken nicht lesen.

Sie ist Kellnerin. Ein Herdentier. Ganz lieb. Scheinbar hübsch und gertenschlank. Eine super Spielerin. Man kann sie nicht nicht mögen. Extrovertiert. Sie ist das Gegenteil von mir, ich bin Intellektudings ohne Daseinsberechtigung, Einzelgänger, Bücherwurm, nicht so hübsch, nicht so schlank, keine gute Spielerin, obwohl es ganz ok läuft, wenn ich konzentriert bin. Sie sind unglaublich vertraut miteinander. Er kritisiert sie nie, aber er macht sich über mich lustig, um sie zu unterhalten. Das einzige, was mich stört, ist, dass sie dann trotzdem lacht.

Ich frage ihn direkt, quod eritque fuitque estque. Es hat nicht gefunkt. Es wird nichts sein. Fieri sentior et excrucior.

Was passiert ist, bleibt mir weiterhin unklar. Bin wohl Apoll geworden. Macht Liebe das Objekt nicht immer zur Daphne?

Und nun? Ich könnte und sollte das Spiel einfach aufgeben. Aber ich will mir das nicht antun. Es ist auch mein Spiel, ich würde die neugefundene Vertrautheit vermissen. Und ich will meinen Selbstrespekt zurück. Und closure. Vielleicht muss ich nun lernen, mit Zurückweisung umzugehen.

Ich habe also beschlossen zu bleiben und mir nichts anmerken zu lassen. Nun höre ich mir jeden Tag im TS an, wie die beiden flirten. The things we do to ourselves...

Ich konzentriere mich wieder auf meine Schüler, die es verdient haben, dass ich mein Bestes in der Stunde gebe. Und manchmal gelingt es mir gut. Ich kann auch führen und selbstbewusst sein und unaggressiv sprechen und andere begeistern. Schon lange.

Bald, sehr bald, werde ich soweit sein, dass ich es den Zweien gönne und mich für sie freue. Noch bin ich nicht ganz da.

Waffi

Mein Umzug zurück in die Schweiz ist also vorbei. Ich musste mir helfen lassen und habe tatsächlich Hilfe bekommen. Meine Wohnung ist ein Traum. Nun kann ich mich in meiner Wohnung bewegen, habe verschiedene Räume. Und eine Badewanne!! Als Welcome-Back-Geschenk erhalte ich Badezusätze zu Weihnachten. Best present ever.
Das Geld ist allerdings arg knapp und ich verkaufe mein iPhone und auch sonst ziemlich viele Dinge. Warte, bis das Geld des Käufers auf dem Konto eintrifft, rechne aus, wann wohl mein Konto gesperrt wird. Dann greift mein Plan und ich erhalte Förderung zu Studienzwecken. Gigantische Erleichterung. Kaufe einen iMac, da Hauptarbeitsgerät. Erfahre, dass es seit neustem einen Mac-Client für Herr der Ringe Online gibt. Nach fünf Jahren, endlich.

Installieren, einloggen, ankommen. Das virtuelle Spiel ist mir mehr Heimat als das echte Leben. Es gibt dort Hügel, über die ich zu jeder Tages- und Nachtzeit bei jedem Wetter gerannt bin. Ich weiss, wer wo wohnt und als Köchin und Goldschmiedin kann ich mich nach Lust und Laune in die Community integrieren. Wenn ich will. Ich muss ja gar nichts. Ich laufe solo herum und höre dazu Hörbücher. Ab und zu dringen die Geräusche des Spiels durch das Hörbuch - gackernde Hühner, ein Zwerg, der herumbrüllt, ein Pferd, das vorbeireitet. BeleSNG stellt sicher, dass ich mitkriege, was in der Welt so vor sich geht.
So manch Depp fühlt sich dem Spiel zugetan. Lass die Idiotie mein Prüfstein sein, der meinen Intellekt wetzt und durch geistreiche Kommentare Korrespondenz findet. Pling. Werde angeschrieben. Die Person kann Intertextualität. Und schickt mir die Fortführung meines Gedankens als unterhaltsamen Link. Wir lachen beide ohne einander zu hören. Ich habe Bauchkrämpfe vor Lachen. Soo geil.

Die Person ist ein ER, single, klug, wenig älter als ich und interessiert sich für mich. Plötzlich bin ich wieder neugierig, wenn ich mich an den Computer setze. Nicht mehr suche ich Monotonie und ein abstraktes Gefühl des Vertrauten, nein, plötzlich ist Nervenkitzel da. Wir schreiben uns den ganzen Tag lang, mit langen Pausen. Ich verliere seinen Namen. Umschreibe ihn im BeleSNG und wiederum zeitverzögert meldet er sich. Sweet relief. Am nächsten Tag wieder. Eine Woche Pause, da wir nicht gleichzeitig on sind. Dann wieder. Wir reden im TS, er bricht meinen Widerstand und lädt mich in die Sippe (statt Gruppe!) ein. Von nun an spielen wir regelmässig zusammen. Die Stimme...diese Stimme...erzähl mir irgendwas, I don't care.

Aber ich muss genau zuhören. Ich war lange nicht da, nun bekomme ich erklärt, was ich verpasst habe. Heimlich google ich, um nicht wie ein Doofi dazustehen, nach Werten, Stats, Items, Crits. Alle können das, nur ich nicht. Vorbei ist es mit meiner abendlichen Entspannung in der Badewanne. Kaum ist die Arbeit auf Sparflamme erledigt geht es ab in eine neue Welt, in der ich die Person bin, die es ewig nicht packt. So im Stil von nicht-jeder-kann-alles, du-hast-sicher-andere-talente, Mitleidsgedöns. Ekelhaft.

Hochkonzentriert mit wenig Schlaf, nach einem langen Arbeitstag, gebe ich mein Bestes. Zwischendurch läuft es. Es ist ja nur ein Spiel. Ich bekomme ein Kompliment, von ihm. Motivationsschub. Ich platze fast. Vergesse zu essen, fange an, im Wald zu laufen, lange, intensiv. Er kommt aus Göttingen. Ich bekomme ein Bild von ihm. Whoa...

Freitag, 23. November 2012

Schule in NRW 1 - Eltern und Schule 2

Ich finde also eine weitere Elternmitteilung in meinem Fach. Ein Brief. Hiermit würde die Überprüfung der Note beantragt. Lustig. Ich mache ja die Note. Denken die wirklich, ich würde mir das nochmal anschauen und dann sagen "Tut mir leid, ich habe alles falsch gemacht, ihr Sohn hat eine 2, keine 6"? Denken die, ich würde das überhaupt nochmal überprüfen? Hey, Privatleben, wart mal noch ne Runde, ich muss meine Arbeit ein zweites Mal machen, weil es von jemandem gewünscht wurde, der fachlich überhaupt keine Ahnung hat. Der nächste Satz ist auch charmant. Es sei aufgefallen, dass ich gewisse Schüler bevorzugt und den Sohn bewusst schlecht benotet hätte. Spätestens hier erlöscht bei mir jede Auskunftsfreudigkeit. Ich solle bitte unverzüglich anrufen.

Ein Kollege erzählt mir, der Schüler sei schon zu ihm gekommen, habe die Prüfung gezeigt, ob das korrekt bewertet worden sei. Mein Kollege sagt, ja, ist korrekt bewertet worden. Schüler geht zu Mutter: Scheiss Bewertung. Mutter schreibt mir: Scheiss Bewertung.
Ein zweiter Kollege kommt zu Hilfe: Schülerakte. Interessant, die Mutter versucht das wohl jedes Jahr bei verschiedenen Lehrern, mit Vorliebe bei neuen Lehrern. Das passive Verhalten des Sohnes ist über fünf Jahre hinweg dokumentiert. Er hat immer eine Fünf. Lustig, dass sie jetzt bei mir so einen Stress wegen einer Fünf machen.

Da noch mehrere charmante Sätze in ihrem Brief folgen, erfolgt eine Rückmeldung von mir per Mail, da bei Anruf nur Vater und der keine Ahnung von nichts, das sei der Kampf seiner Frau. Ich schreibe also mit dem Tenor: Ich bin mir sicher, die Note ist korrekt, Schüler werden nach Punkten bewertet, also kann er selbst zusammenrechnen, was seine Note ist. Wäre es nicht vielleicht mal eine gute Idee, dass der Schüler mit mir spricht statt der Eltern? Leider beteiligt sich der Sohn nicht am Unterricht, darum ist das wohl nicht überraschend. Und ohne jeder Übertreibung: Ich weiss nicht, wie die Stimme des Sohnes klingt. Ich kenne nur sein verlegenes Schulterzucken.

Mutter macht richtig Stress. Arme Sekretärin. Schulleitung: Ich soll da anrufen. Schulleitung: Sie kennt den Schüler und die Mutter seit der Einschulung am Gymnasium. Ich: Warum unterbinden Sie das denn nicht mal? Schulleitung: Sie würden regen Kontakt zur Mutter pflegen. Ich: Mit welchem Ziel? Warum wurde ich weder vorgewarnt noch davon verschont? Meine bei 200 Schülern pro Schüler knapp begrenzte Zeit möchte ich lieber in die Lernwilligen als in Vollpfosten investieren. Schulleiter, lächelnd wie eine verliebte Frau, meint, ich solle anrufen. Ich weigere mich. Er lächelt wie eine versteinerte Frau. Egal.

Schüler mit Versagenshintergrund bleibt nach der Stunde im Schulzimmer zurück und fragt nach mündlicher Note. Fünf, da Stimme nie gehört. Keine Sechs, da ich neu bin als Geschenk. Er meint aber, er würde sich mehrmals pro Stunde in jeder Stunde beteiligen. Ich schaue, ob der das wirklich ernst meint. Tut er. Ich meine, ich würde davon leider nichts mitbekommen. Er: "Das regeln wir später. Wir werden noch sehen, wie das hier ausgeht." Und da bekomme ich richtig Angst. Der Schüler erzählt, dieses Gespräch hätte vor Schulkameraden stattgefunden. Ok. Ich denke: NOCH ist er nicht auf die Idee gekommen, nach der Stunde zu bleiben, während ich Dinge zusammenräume, aber Vorwürfe ANDERER Art zu erfinden. Dem ist doch jedes Mittel recht und so windfähnchenhaft wie die Schulleitung reagiert? In Zukunft muss ich meinen Kram früher zusammenpacken.

Der Schulleiter bestellt den Schüler zu sich, um ihn anzuhören. Der Schüler fühlt sich durch mich vorverurteilt. Der Schulleiter lässt ihn zusammen mit der Klasse eine Liste mit Vorwürfen erstellen. Resultat: Ich gehe in die Klasse und alle sind unzufrieden. Der Schüler hat eine Freundin und gemeinsam hetzen sie weitere fünf Teilnehmer auf. Nun sind auch die mit Zeugnisnote zwei unzufrieden, dass es keine eins ist, obwohl sonst immer eine drei war. Ich werde zur Schulleitung bestellt, wir gehen die Vorwürfe der Klasse Punkt für Punkt durch. Sogar der Schulleiter sieht, dass die Vorwürfe gar nicht stimmen können, da in sich nicht logisch. Das Resultat des allgemeinen Austauschs von Wahrnehmungen, das man ruhig auch als Vorführen oder Hetze bezeichnen könnte, ist eine unzufriedene Klasse, viel vergeudete Zeit, eine demotivierte Lehrerin und noch etwas. Er erwähnt im gleichen Atemzug die Müllers. Ich soll da anrufen und mich entschuldigen. Ich: Wofür? Habe ich ein Wort gesagt, das nicht korrekt ist? Er: Das sei egal, die Müllers hätten sich geärgert, egal wo der Fehler läge. Er fragt mich, wie es nun weitergeht. Ich kündige. Er fasst es nicht. Ruft täglich an, um sich irgendwas bestätigen zu lassen. Er gönnt mir auch jetzt meinen schulfreien Raum noch nicht. Egal. Was ein catilinarischer Führungsstil!

Schule in NRW 1 - Eltern und Schule 1

Integration ist ein wichtiges Stichwort in allen Lebenslagen in Deutschland. Spontan fällt mir zum selben Sachfeld als nächstes Diskriminierung und Hartz IV ein. Diese drei Begriffe werden oft zusammen genannt. Integration heisst, jemandem seine Lücken nachzusehen. Im Schulbetrieb heisst das, Totalausfälle zu verzeihen. Wir integrieren auch Schüler ohne Leistung ins Schulsystem, sonst ist das Diskriminieren.

So kommt es, dass Schüler mit Fünfen und Sechsen in den meisten Fächern weiterkommen. Personen mit Migrationshintergrund darf man nicht mehr "Ausländer" nennen, weil man sofort an "Ausländerfeindlichkeit" erinnert wird, während "Migrationshintergrundsfeindlichkeit" als linguistisches Gebilde einfach in keiner Debatte Platz findet. Bei Personen mit Migrationshintergrund bedeutet es Integration und Toleranz, wenn man ihnen nachsieht, wenn ihre deutschen Sprachkenntnisse einen Lückenhintergrund haben. So kommt es, dass nicht viel dabei rauskommt, wenn Ali und Baran dem Cemal Agusativ erklären. Wehe dem, der dies wertet. Noten sind einfach so wenig integrativ dehnbar und stellen ein Werturteil dar, das eigentlich gar nicht mehr zeitgemäss ist. Wie kann man denn heute noch behaupten, dass ein Kind besser ist als das andere? Auch wenn es sich um ein Schulfach handelt, wer kann es wagen, Kinder zu bewerten? Ich hoffe, die Ironie-Schriftart kommt wirklich bald auf den Markt.

Aber es ist auch schick und cool und in, einander zuzuhören. Als reiner Akt der Toleranz ist dabei egal, was gesagt wird, aber man muss sich alles anhören. So kommt es, dass ich einen Zettel im Fach habe: "Bitte rufen Sie Frau Müller an, sie möchte sich beschweren." Na das weckt ja Lust. Weiter unten die Nachricht: "Herr Müller hat angerufen, wenn er nicht in einem Meeting wäre, wäre er längst hier, um sich zu beschweren. Er sei so aufgebracht, man solle bitte ihn, nicht Frau Müller, anrufen." Ich mache gar nichts. Ich muss mir nicht alles anhören. Die sollen sich bitte beruhigen, warten bis der kleine Pascha zu Hause ist und dann nochmal echt zuhören und herausfinden, ob die eher beliebte Lehrerin ihn wirklich mit körperlicher Gewalt bedroht hat, oder ob er nicht vielleicht doch etwas komplett falsch verstanden hat.

Die Eltern drängen auf ein Gespräch. Wiederholte Mahnungen in meinem Fach, ich möge endlich zurückrufen. Die Schulleitung hat längst und umgehend zurückgerufen und versucht zu schlichten. Trotzdem. Die Eltern wollen mich am Hörer haben. Ist schon mal aufgefallen, dass in den ganzen RTL-Nachmittagssendungen immer ein Weibsbild da ist, das schimpft? Ihre Schimpftiraden sind semantisch komplett sinnfrei: "Wenn...dann kannst du was erleben" oder "Ja sag mal du hassdse wohl nicht mehr alle, was ist das denn jetzt hier?" Weder die Frage- noch die Aussage- oder Ausrufesätze sind als solche zu verstehen. Eher liegt die Bedeutung komplett im Sprechakt an sich. Also hiesse "Ja sag mal du hassdse wohl nicht mehr alle, was ist das denn jetzt hier?" übersetzt: "Du hast dich nicht mit mir abgesprochen und mich überrascht. Ich fühle mich ausgeschlossen und finde darum deine Aktion per se schlecht, aber ich kann leider gerade keine Argumente gegen das finden, was du auf die Beine gestellt hast. Also spreche ich noch eine Weile so laut und nervig, dass der Tonfall dir klarmacht, wie ich mich fühle."

Zurück zur Schule. Die Eltern wollen mich also sprechen. Ich zweifle stark daran, dass sie sachliche Fragen haben. Aber sie lassen ausrichten, dass ihnen nebenbei aufgefallen sei, dass das kleine, sensible Wunderkind solche Schwierigkeiten in der Schule hätte. Vor allem bei mir im Grammatikunterricht. Nachhilfe hätte er längst, er würde es trotzdem nicht verstehen. Das liege vielleicht an mir. Die Schulleitung richtet mir das tatsächlich so aus. Was als Antwort gesagt werden könne? Schüler soll aufgeben. Ist halt auch ein eher dummes Kind. Wenn es ihm zwei Leute erklären und er kann es immer noch nicht, in mehreren Fächern, läuft was schief. Schulleitung baff. Sie müsse darauf jetzt nicht antworten, oder? Das passt nicht in die Harmonisierungskultur. Der Schulleiter spricht wie eine verliebte Frau. Man müsse Wahrnehmungen austauschen, und zwar immer und so oft sich ein Elternteil melden würde. Ok, das kann ja heiter werden, bei 200 Schülern. NRW macht so grosse Klassen und ich darf es ausbaden. Wir haben kaum Geld für Bücher, kaum Leistungsniveau, erst recht kein survival-of-the-cleverest, sondern ein Mitschleifen Aller, aber lauter Wunderkinder und Hochbegabte. Und das bedeutet nichts anderes, als dass Eltern mit mir darüber sprechen müssen, über all die sensiblen Hochbegabten mit ihren Bedürfnissen, und dass sie unmöglich bis zur nächsten Sprechstunde warten können. Ich blocke alles ab. Wie kann man nur Lehrer in NRW werden (wollen)?